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David Shrigley

Wir freuen uns auf die nächste Ausstellung bei sipgate shows, eine Einzelausstellung mit David Shrigley, die am 24. März eröffnen wird. Gezeigt werden neue und ältere Arbeiten auf Papier und eine Neon-Arbeit. Zur Ausstellung erscheint ein vom Künstler gestaltetes Risografie-Poster in A3.


Salzstreuer

David Shrigley ist ein wilder Kerl. Wollte man aufzählen, was er alles schon gemacht hat, würde man sich früher oder später verheddern zwischen Heldenepos und Comic-Hero.

Für viele aber ist sein Werk primär assoziiert mit schnellen, humorvollen Bildern, mit schwarzem Stift gezeichnet oder mit Pinsel farbig zu Papier gebracht. Oft ist das erst lustig, und dann zweifelt man etwas. Ist das wirklich lustig oder eher abgründig? Lauert im Hintergrund Moral und streckt die Finger nach den Betrachter:innen? Man kann sich nicht sicher sein, und das weist uns in Richtung Kunst. Alltägliches hinterfragen, die Widersprüche im Leben spiegeln, die ganzen Krücken und Pulsuhren, derer wir uns bedienen, sowie die Zeit, die uns zur Verfügung steht und von der wir nie genau wissen, wieviel und wie lang und sie uns einteilen in Urlaub, Coffee Break, Feiern und Ausruhen und all die Momente der Frust, des Schmerzes, des Unglücks, der Langeweile, der vagen Ausblicke auf das Ende. David hat mal einen Vortrag gehalten vor Kunststudierenden. Ihm wurde die Frage gestellt: Was macht man, wenn einem nichts einfällt? Seine Antwort, wie ich sie erinnere, war:

„Put in the hours!“ Soll heißen, weitermachen, durcharbeiten, anstatt auf Geistesblitze zu warten.

Die Frage nach der Arbeit in der Kunst ist Standard. Oft ist es das vermeintliche Interesse an der investierten Zeit (Wie lange hat Künstler:in dafür gebraucht?), gleichzeitig tänzelt auch immer der schlecht getarnte Verdacht vorbei, dass Kunst keine Arbeit ist, weil sie Spaß machen könnte oder weil sie schnell geht. All das ist aber für die Künstler:innen selbst nicht relevant. Sie definieren ihren eigenen Arbeitsrhythmus, und während der eine Spazieren geht um auf Ideen zu kommen, bemalt die andere Leinwand um Leinwand in der Hoffnung durch die Arbeit auf Künstlergold zu stoßen. There are no rules, außer denen die man selbst sich auferlegt. David Shrigley arbeitet. 2019, als der Brexit sich langsam zu seiner ganzen Größe aufrichtete, haben wir bei sipgate shows eine Gruppenausstellung mit Künstler:innen gemacht, die in Großbritannien leben.

David Shrigley, Untitled, 2019

Die Idee war, sich noch einmal die Freizügigkeit der EU vor Augen zu führen, bevor es damit vorbei sein würde. Alle Beteiligten schickten ihre Kunst zu uns und waren eingeladen mit Hilfe von einem Reisekostenzuschuss ihre Ausstellung „Brexit: Mail Art from a Small Island“ zu besuchen. Die jeweilige künstlerische Arbeit war frei. David war dabei und schickte eine kleine Gouache auf Papier, die zwei grüne Inseln zeigte, die an den Verbund Schottland England Wales und Irland erinnerten. Darauf von Hand in schwarz geschrieben „It wasn’t my idea!“. David ist Engländer und hat an der Glasgow School of Art studiert. Dort gibt es seit 1985 Jahren einen Kurs, der „Environmental Art“ heißt und bis 2001 von David Harding geleitet wurde. Im Kern handelt es sich bei diesem Kurs um Bildhauerei, um Skulptur, der man das Atelier geklaut hat.

Das pädagogische Konzept dabei ist, das die Künstler:innen sich unmittelbar mit dem Kontext als Teil ihrer Arbeit auseinandersetzen, die Werke im öffentlichen Raum realisieren, soziale Skulpturen entwerfen. Das war der Kurs, den David Shrigley besucht hat. Eine seiner frühen Arbeiten ist das Foto einer handschriftlichen, an einen Baum gehefteten, Vermisstenanzeige für eine Straßentaube:

LOST

GREY + WHITE

PIGEON WITH BLACK BITS.

NORMAL SIZE. A BIT MANGY

-LOOKING. DOES NOT HAVE

A NAME.

CALL 2571964.

(David Shrigley, Lost Pigeon, 1996, C-Print, Tate Britain).

Die Suche nach einer generischen Straßentaube als Paraphrase auf das geliebte, vermisste Haustier. David weiß, wo es weh tut. Mit den Worten eines von ihm in grünen Farben auf Papier gemalten Wassermarders, den wir uns für unsere Ausstellung geliehen haben:

OTTER SAYS FUCK YOU ALL!

CQ