1979
Am 4. September eröffnet sipgate shows “1979”, eine Ausstellung als Zeitreise. Kommt vorbei!
Eröffnung: 4.9. 18 - 20 Uhr
Sonderöffnungszeiten zum DC Open Wochenende:
Freitag: 5.9. 18 - 20 Uhr
Samstag: 6.9. 15-18 Uhr
1979 - eine Entdeckung
Früher war alles schöner, heute ist alles besser, sollen sowohl Heinz Erhardt als auch Max Goldt gesagt haben. Anders als das Zukünftige ist uns Vergangenes bekannt. Unser Wissen kommt aus der Vergangenheit, bestimmt die Gegenwart, hilft uns bei Prognosen für die Zukunft. Kunst ist eine besondere Art, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verknüpfen, da es sich primär um eine sinnliche, eine ästhetische Erfahrung handelt.
Wenn man heute nach Informationen zu dem Jahr 1979 sucht, wird es zusammengefasst als „Krisenjahr“ beschrieben. Aus der gefühlten Dauerkrise unserer Gegenwart betrachtet verleiht es dem Jahr fast einen sympathischen Zug, als sei 1979 Tante oder Onkel von 2025. Die Ausstellung „1979“ ist eine Zeitreise, die statt historischer Krisen etwas anderes zeigt, eine fragmentarische Alltäglichkeit der Stadt Düsseldorf, damals fotografisch festgehalten von Tata Ronkholz und Thomas Struth. Ronkholz fotografierte Trinkhallen oder Büdchen, wie sie im Rheinland heißen.Struth dokumentierte einzelne Straßen der Stadt, im Zentrum, in Bilk, beide arbeiteten schwarz-weiß, konzeptuell, noch auf der Suche nach ihrem künstlerischen Thema. Für die Betrachter:innen liegt eine berührende Schlichtheit in den Aufnahmen. Die alten Schlagzeilen der Tageszeitungen am Büdchen, die alten Preise in DM, die überschaubare Anzahl der Autos in den Straßen, die begrenzte Vielfalt der Modelle (VW Käfer, Mercedes, Opel), so sah die Stadt aus vor 46 Jahren.
Wer auf diese Fotos schaut, erfährt etwas über die Düsseldorfer Vergangenheit und über die junge Kunstszene der Akademie und ihre Sicht auf die Welt, eine Sicht, die später international berühmt sein wird. Das, was sich heute als eine enzyklopädische Zusammenfassung in Stichworten des Jahres lesen lässt (u.a. Vertreibung der roten Khmer, Machtergreifung von Saddam Hussein, Umsturz im Iran) wurde für die beiden jungen Künstler:innen im Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Bernd und Hilla Becher nicht zum Teil ihrer Arbeit.
Vielleicht verstehen wir es als Hinweis, dass neben den Krisen, die es damals gab, anderswo in Düsseldorf natürlich auch gelebt und geparkt wurde, studiert wurde, Kunst gemacht wurde, entdeckt wurde, die Fotografie neu definiert wurde. Es scheint eine Schizophrenie des Lebens, dass menschengemachtes Leid und ästhetische Erfahrung gleichzeitig existieren können. Wer heute nun auf Social Media in beinahe schreiendem Ton angehalten wird, sich sofort bei den weltpolitischen Themen zu einer bestimmten Seite zu bekennen (die der Agitierenden), der mag sich erinnern, dass die Gegenwart ein kurzer Moment ist. Ohne das Leid zu ignorieren, die Krise zu negieren, ist es die Kunst, die unser Leben begleitet, als eine Art Rückgrat der menschlichen Gesellschaft, und durch sie die Hoffnung auf eine bessere Welt, seit tausenden von Jahren. Das können wir sehen.